26.10.2010

Käsemond

Psst. Hey, Du! Ja, Dich meine ich. Wusstest Du schon? Der Mond besteht aus Käse. Doch. Echt. Leerdamer. Man kann ja sogar Löcher sehen, wenn man genau hinsieht. Hat jetzt einer 'rausgefunden. Nee, kein Astronom. Ein Banker. Aber der kennt sich aus. Der war ja vorher in der Politik. Da hat er die Zuschüsse für die Sternwarte gekürzt, der weiß also, wovon er redet.
Und Teile von seinem Buch sind ja in der Bild am Montag im Spiegel vorveröffentlicht worden. Und jetzt sagen ja viele, dass sie das auch schon lange so sehen.
Du glaubst nicht, dass der Mond aus Käse ist? Hast Du denn das Buch gelesen? Nein? Ja, dann kannst Du das doch garnicht beurteilen.

Es ist wohl klar, worauf ich anspiele. Dass sich irgendein Hanswurst findet, der Einbildung mit Ausbildung verwechselt und seine Vorurteile unbedingt in einem Buch verewigen muss, ist ja weiter nicht tragisch. Dass er behauptet, wissenschaftliche Argumente anzuführen und dabei seit Jahrzehnten widerlegte Behauptungen wiederkäut, ist dumm. Dass er tatsächlich existierende Studien als Stütze für seine Behauptungen anführt, ist dann dreist, wenn sich herausstellt, dass die Studien das Gegenteil besagen. Und wenn er dann öffentlich erklärt, dass er einige Zahlen einfach erfunden hat, weil er nirgends belegbare Zahlen gefunden hat, dann weiß man, was man von seiner Seriosität zu halten hat.

Damit sollte alles klar sein. Das Buch sollte in den Läden, die es überhaupt verkaufen wollen (und es wird eine Menge Schwachsinn in Buchläden verkauft), langsam vor sich hin kompostieren und irgendwann auf dem Grabbeltisch landen, wo es von Leuten gekauft wird, die etwas benötigen, womit man Wespen totschlagen kann.

Das Problem ist: So ist es nicht. Die Medien quellen über vor Menschen, die den "Mut" loben, mit dem dieser Schwachsinn verfasst wurde. Die begrüßen, dass endlich mal jemand ausspricht, was sie ja irgendwie immer schon wussten. Und darunter sind Journalisten, die in ihrer Ausbildung eigentlich mal von dem Wort "Recherche" oder von "kritischem Journalismus" gehört haben sollten. Und sie sind nicht in der Minderheit.
Dass der Spiegel (aka Bild am Montag, aka das ehemalige Nachrichtenmagazin) im Lauf der Jahrzehnte seinen Qualitätsstandard in die Nähe der Null-Marke bewegt hat (und zwar nicht unbedingt im Bereich der positiven Zahlen) ist traurig, aber bekannt.
Dass aber z.B. auch die "öffentlich rechtlichen" Sender, die ihre Finanzierung durch GEZ-Gebühren dadurch rechtfertigen, dass sie behaupten, unabhängigen, kritischen und investigativen Journalismus zu betreiben, fast völlig kritiklos auf diesen Zug aufspringen, das ist schon sehr übel!

Und so wird jetzt fröhlich Geschirr zerschmissen, man kann endlich wieder Ausländer anpöbeln und sich im wohligen Gefühl seiner genetischen Überlegenheit sonnen.
Die wirklich wichtigen politischen Themen werden dabei in den Hintergrund gedrängt. Die Wespen-Koalition muss heimlich irgendwelche Feiern abhalten, um dieses Geschenk zu würdigen.





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